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Gaming: Wo der Spass aufhört
Gaming als FreizeitbeschĂ€ftigung ist nicht mehr wegzudenken – alleine in der Schweiz spielen Millionen von Menschen regelmĂ€ssig. Doch wo liegt die Grenze zwischen Spass und Sucht?
Die Verbreitung des Gamings in der Schweiz

Gaming boomt: In der Schweiz sind Videospiele lĂ€ngst fester Bestandteil der Alltagskultur. Die Zahlen sprechen fĂŒr sich: Laut der «Swiss Game Market Studie 2020», herausgegeben von MYI Entertainment in Zusammenarbeit mit gfs-zĂŒrich, spielen rund vier Millionen Menschen im Alter von 15 bis 79 Jahren regelmĂ€ssig Videospiele – das entspricht 52% der Schweizer Bevölkerung in dieser Altersgruppe. Besonders bemerkenswert ist der hohe Anteil an weiblichen Gamern: 44% der Spielenden sind Frauen, was zeigt, dass Gaming lĂ€ngst keine MĂ€nnerdomĂ€ne mehr ist.

Doch Gaming ist nicht nur ein FreizeitvergnĂŒgen. Es hat sich auch zu einer ernstzunehmenden Sportart entwickelt, dem sogenannten E-Sport. Auf der ganzen Welt finden grosse Turniere statt, bei denen Preisgelder in Millionenhöhe zu gewinnen sind. Diese Events ziehen Tausende von Zuschauern in Hallen, wĂ€hrend zusĂ€tzlich Hunderttausende online live dabei sind. Besonders wĂ€hrend der Corona-Pandemie hat Gaming einen weiteren Aufschwung erfahren, da viele Menschen digitale Spiele nutzten, um soziale Kontakte zu pflegen oder sich von der Langeweile abzulenken.

In diesem Video ist eine LAN-Party zu sehen, bei der Teilnehmer:innen ihre privaten Computer durch ein lokales Netzwerk zusammenschliessen, um sich in Computerspielen zu messen. Youtube-Video: MYI Entertainment GmbH
Wann wird Gaming problematisch?

Alles bloss Spiel und Spass? Nein, Gaming birgt auch gehörige Risiken, wenn die Balance verloren geht. Besonders fĂŒr Jugendliche kann exzessives Spielen schnell in problematisches Verhalten umschlagen. Pro Juventute nennt mehrere Warnsignale, die auf eine mögliche Sucht hinweisen:

  • VernachlĂ€ssigung anderer Hobbys und sozialer Kontakte
  • Sinkende schulische oder berufliche Leistungen
  • Aggressives Verhalten bei Entzug oder Unterbrechungen
  • Heimliches Spielen und LĂŒgen ĂŒber die Spieldauer
  • Physische Beschwerden wie Kopfschmerzen oder Schlafmangel

Auch YouMedia-Host Destan setzte sich fĂŒr einen Videobeitrag auf unserem Instagram-Account mit der Frage auseinander, wann Gaming zur Sucht wird. DafĂŒr befragte er den professionellen Gamer «SickBoy», der heute selbst in einer Klinik fĂŒr Menschen mit Suchtproblemen arbeitet. Er sagt: «Sobald du dich persönlich eingeschrĂ€nkt fĂŒhlst, also deinen Alltag und deine zwischenmenschlichen Beziehungen nicht mehr normal fĂŒhren kannst, kann man von einer Sucht sprechen.» Dabei gehe es nicht primĂ€r darum, wieviel Zeit man mit Gamen verbringt – sondern vor allem darum, was das Spielen mit der Psyche und dem eigenen Alltag anstellt.

Auch Destan musste sich gut ĂŒberlegen, wie er mit dem Thema Suchtgefahr umgeht. Er selbst war eine Zeitlang als Halbprofi in der Szene unterwegs: «Anfangs gamte ich drauflos und machte mir wenig Gedanken. Nach einer Zeit bemerkte ich, wie ich vieles ausserhalb meiner Gaming-Community vernachlĂ€ssigte, zum Beispiel Treffen mit meinen Freunden», erzĂ€hlt er. Er nahm sich deshalb vor, bewusster zu gamen: «Ich fing an, meine Gaming-Sessions mit Lernmethoden zu verknĂŒpfen. In der Psychologie spricht man hier von 'deliberate practice'.» Nach und nach konnte sich Destan so besser distanzieren.

YouMedia-Host Destan, der sich in der Welt des E-Sports «Destany» nennt, bei einem Gaming-Turnier. Foto: Nintendo / myInsanity
Die PrÀvalenz der Gamingsucht

Wie stark die Gefahr von Videospielsucht ist, zeigt eine Studie aus dem Jahr 2021 zu Online-AktivitÀten der Bevölkerung von Sucht Schweiz: Etwa 3% der Erwachsenen in der Schweiz zeigen ein problematisches Spielverhalten, bei Jugendlichen im Alter zwischen 12 und 19 Jahren liegt die Quote sogar bei 5%.

2018 hat die WHO die «Gaming Disorder» offiziell als Krankheit anerkannt. Damit wird Videospielsucht mittlerweile auch im Gesundheitswesen ernst genommen. FĂŒr besonders gefĂ€hrdete Gruppen wie Jugendliche sind die Ursachen vielfĂ€ltig. Sie spielen oft, um sich vor Problemen im Alltag zu verstecken.

PrÀvention: Ein verantwortungsvoller Umgang

Der SchlĂŒssel zu einem gesunden Umgang mit Videospielen liegt in der PrĂ€vention. Eltern und Lehrpersonen spielen dabei eine entscheidende Rolle. Pro Juventute empfiehlt daher folgende Massnahmen, um problematisches Verhalten zu vermeiden:

  • Klare Regeln aufstellen: Festgelegte Zeiten und die Begrenzung der tĂ€glichen Spielzeit helfen, eine Balance zu finden.
  • Vorbildfunktion der Eltern: Kinder lernen am Verhalten der Eltern. Ein bewusster Umgang mit digitalen Medien sollte vorgelebt werden.
  • Offene GesprĂ€che fĂŒhren: Den Dialog ĂŒber die Inhalte und die Motivation des Spielens suchen.
  • Alternative FreizeitaktivitĂ€ten fördern: Sport, Musik oder Lesen als Ausgleich zum Gaming anbieten.
Fazit: Chancen nutzen, Risiken minimieren

Gaming hat sich in der Schweizer Gesellschaft etabliert und bietet zahlreiche Chancen – von der Förderung kognitiver FĂ€higkeiten bis zur Verbesserung sozialer Kompetenzen. Doch die Risiken, die mit exzessivem Spielen einhergehen, existieren eben auch. Es gilt genau hinzuschauen. Dabei stehen Eltern in der Verantwortung, aber auch die Spieleindustrie selber. Hier hapere es aber noch, sagt unser Host Destan: «Der Gaming-Hersteller EA fĂŒhrte kĂŒrzlich so genannte Loot-Boxes ein, die in den Spielen freigeschaltet werden können und eine Art Belohnung enthalten. Das heisst, die Spieler:innen geben mehr Geld aus und werden zu mehr Gamen verfĂŒhrt.» Zudem werde besonders in der eSports-Szene exzessives Spielen gefördert: «Einerseits durch Ranking-Systeme innerhalb des Spiels, andererseits durch Offline-Turniere mit Preisgeldern, was natĂŒrlich viele Zuschauerinnen und Zuschauer anzieht.» Ein positives Beispiel kennt Destan aber auch: Nintendo hat eine Funktion «Parental Control» eingefĂŒhrt – Eltern können so ĂŒber Spielinhalt und Spieldauer ihrer Kinder auf der Konsole Nintendo Switch bestimmen.